Das Coronavirus ist ein Weckruf

Teil 5, 24. Mai 2020, Amritapuri - aus Ammas Botschaft während der Corona-Zeit

Als Amma einmal auf Nordindientour war, haben wir angehalten und eine Pause gemacht, um zu Mittag zu essen. Das Essen war vorbereitet. Die Tourgruppe bestand aus fast 500 Leuten. Wir haben einen schattigen Platz gesucht.

An einen Ort mit einem Baum haben wir angehalten. Dieser Baum wurde als heiliger Ort angesehen, da ein Mahatma hier seine asketischen Übungen praktiziert hatte. Die Menschen dort haben den Baum umrundet. Dann haben sie auf eine Brise gewartet, so dass ein paar Blätter von Baum herabfallen würden. Sie haben dann die Blätter mit großer Ehrfurcht aufgehoben und als Prasad mitgenommen, um sie in ihren Puja-Räumen zu verehren.

Amma war sehr berührt, als sie das sah. Und Amma hat sich gewünscht, dass die Menschen jeden Baum und jede Pflanze auf diese Weise respektieren würden. Dann würde diese Welt zum Himmel werden.

Wenn die Menschen die Geschöpfe auf der Erde schützen, werden diese Geschöpfe auch die Menschen schützen - so wie man sagt, dass diejenigen, die das Dharma schützen, selbst durch das Dharma geschützt werden.

Das Coronavirus ist ein Weckruf. Es stimmt, dass dies schwierige Zeiten sind. Aber wir sollten so fest wie möglich versuchen, heiter und glücklich zu bleiben. Gleichzeitig sollten wir ein hohes Mass an Wachsamkeit aufrechterhalten. Das ist unsere Verantwortung. Angesichts von Schwierigkeiten heiter zu bleiben, bedeutet nicht, das Unglück zu unterdrücken, das wir vielleicht empfinden. Es bedeutet nicht, es zu unterdrücken; es bedeutet, es zu überwinden. Der beste Weg, den Glückszustand des Verstandes zu bewahren, besteht darin, sich zu engagieren und in eine nützliche Tätigkeit einzutauchen.

Wir sollten versuchen, den Schmerz anderer als unseren eigenen zu sehen, andere als einen Teil von uns selbst zu sehen und eine Herzensverbindung mit ihnen herzustellen. In gewisser Weise ist dies die beste Gelegenheit, sich nach innen zu wenden. Viele von uns verfolgen die Ereignisse im Internet aufmerksam. Aber das allein reicht nicht aus. Versucht für eine kurze Zeit auch einen Blick in das “Innernet”, in das "Innere Netz" zu werfen. Dies ist ein guter Zeitpunkt, um zu versuchen, uns selbst zu verstehen. In dieser Zeit ist körperliche Bewegung erforderlich. Yoga ist dafür gut geeignet. Praktiziert Meditation. Lest spirituelle Bücher.

Haushaltsgeräte wie ein Mixer werden mit einer Gebrauchsanweisung geliefert, die uns erklärt, wie sie zu benutzen sind, mit dem Warnhinweis, wie z.B. das Gerät nicht zu lange eingeschaltet zu lassen, da der Motor sonst durchbrennen könnte. Andere Geräte und Vorrichtungen werden ebenfalls mit einer eigenen Bedienungsanleitung geliefert. In gleicher Weise ist Spiritualität die Gebrauchsanweisung für das Leben. Sie lehrt uns, wie wir unser Leben gestalten sollen. Wir müssen diese spirituellen Anweisungen befolgen. Wenn wir spirituelle Bücher lesen und verstehen, werden wir mit dem, was wir haben, glücklich und zufrieden bleiben können. Wir sind keine Kerzen, die davon abhängen, dass jemand anderes sie anzündet; wir sind die selbstleuchtende Sonne. Ihr seid keine hilflosen, verlorenen Kätzchen; ihr seid tapfere, brüllende Löwenbabys.

Die Gaben dieser Erde ist nicht dazu bestimmt, von Menschen allein genossen zu werden. Alle Geschöpfe haben ein Recht auf sie. Ebenso haben auch künftige Generationen ein Recht auf sie. Aufgrund von Egoismus und dem Druck der Umstände geraten wir oft in die Versuchung, nur auf einen vorübergehenden Gewinn zu schauen. Es ist wichtig, dass wir diese Versuchung überwinden.

Amma erinnert sich an eine Geschichte: Ein Mann ging auf eine Pilgerreise. Jemand stahl seine Tasche mit seiner Brieftasche, seinem Essen und seiner Kleidung. Bald wurde er sehr durstig. In der Ferne sah er einen Brunnen, leicht erhöht auf dem Hügel. Er begann langsam auf ihn zuzugehen und starb beinahe vor Durst und Müdigkeit. Schliesslich erreichte er den Brunnen. Er wurde sehr glücklich. Er begann, die Handpumpe zu pumpen. Aber kein einziger Tropfen Wasser kam heraus. Frustriert und niedergeschlagen brach er fast zusammen, als ihm etwas ins Auge fiel. Ein kleiner Topf lag auf der einen Seite des Brunnens. Er hob den Topf schnell auf und sah ein wenig Wasser darin. Als er anfing, aus ihm zu trinken, bemerkte er ein Papier mit einer Schrift, die auf dem Topf klebte. Darauf stand: "Giessen Sie dieses Wasser in die Handpumpe, bevor Sie Wasser pumpen. Die Handpumpe beginnt zu arbeiten. Nachdem Sie genommen haben, was Sie brauchen, vergessen Sie nicht, für den nächsten durstigen Reisenden, der hierher kommt, etwas Wasser in diesem Topf aufzubewahren.”

Einen Moment lang stand der Reisende fassungslos da. Er waar am Verdursten. Er dachte: "Was ist, wenn ich das Wasser in die Pumpe giesse und sie nicht funktioniert? Dann verliere ich sogar das wenige Wasser, das es gibt. Soll ich es hineingiessen? Oder soll ich es trinken? Ich sterbe wirklich vor Durst. Aber wenn ich dieses Wasser nicht in die Pumpe giesse und etwas Wasser aus dem Brunnen schöpfe, ist das ein Verbrechen gegen die nächste durstige Person, die vielleicht hierher kommt.

Es war ein innerer Kampf zwischen seinem Egoismus und seiner Sorge um seine Mitmenschen. Schliesslich gewann seine Sorge und er goss das Wasser in die Handpumpe. Zu seiner Freude funktionierte die Handpumpe und goss kühles, klares Wasser aus.

Er trank nach Herzenslust und füllte am Ende den Topf.

Was lernen wir aus dieser Geschichte? Sie lehrt uns, uns zu nehmen, was wir brauchen, und gleichzeitig Rücksicht auf die nächste bedürftige Person zu nehmen. Sie lehrt uns, zu erkennen, dass andere denselben Schmerz empfinden wie wir.

Wir sollten dies verstehen und versuchen, eine Haltung der Hingabe und Rücksicht auf andere zu kultivieren.